umstellen

Kunstverein Tiergarten, Berlin

Eröffnung: 06. 12.2013

Ausstellungslaufzeit: 06. 12.2013  -  11.0 1.2014

Pedro Boese, Monika Brandmeier, Claudia Kugler, Anja Schwörer, Michaela Zimmer

Mit umstellen präsentiert der Kunstverein Tiergarten Arbeiten von fünf Künstlerinnen und Künstlern, die sich im Rahmen eines gemeinsam entwickelten Ausstellungskonzepts zusammengefunden haben. In Malerei, digitaler Bildbearbeitung und Skulptur reflektieren sie den paradigmatischen Umgang der zeitgenössischen Kunst mit Fragen nach dem Wechselverhältnis zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Wirklichkeit und Illusion.

In der Abkehr von der Gegenständlichkeit haben sich seit den frühen Avantgarden im 20. Jahrhundert unterschiedlichste künstlerische Zugänge eröffnet. Ob Konstruktivismus, Suprematismus, Abstrakter Expressionismus, Minimal, OP-Art oder Radical Painting – in den vergangenen 100 Jahren ist ein Koordinatensystem entstanden, in dem sich künstlerische Reflexionen jenseits der abbildenden Funktion entfalten konnten. Solchermaßen der außerbildlichen Referenz entledigt, waren Künstler nun frei, sich auf Prozesse des Sehens und Wahrnehmens zu konzentrieren und diese als kulturell und historisch geprägte Vorgänge zu dechiffrieren.

Fokus der Ausstellung ist das „Danach“. Welche Aktualität haben die zentralen Fragen gegenstandsloser Kunst im heutigen Kontext, und wie vor allem können sie fortentwickelt, möglicherweise aufgebrochen werden? Mit Pedro Boese, Monika Brandmeier, Claudia Kugler, Anja Schwörer und Michaela Zimmer stellt die Ausstellung fünf zeitgenössische Positionen vor, die diesen Fragen auf unterschiedlichen Wegen nachgehen. In den künstlerischen Arbeiten stehen jene Konzepte von Raum und Bewegung, Fläche und Material, Wahrheit und Wahrnehmung auch weiterhin im Mittelpunkt der Analyse, allerdings reichen die künstlerischen Ansätze über ein Ausloten der medialen und wahrnehmungsästhetischen Möglichkeiten hinaus:

Pedro Boeses malerische und grafische Arbeiten basieren auf der Auseinandersetzung mit einem konstruktiven Bildvokabular und der Verwendung simultaner Farb- und Formkontraste, um sowohl Bewegungsprozesse in der Wahrnehmung als auch die Materialität von Bildern zu reflektieren, während in den Arbeiten von Monika Brandmeier die Analyse des Raums im Mittelpunkt steht. Mit ihren aus der industriellen Fertigung stammenden Materialien und deren charakteristischer Qualität entwickeln die skulpturalen Arbeiten Brandmeiers imaginäre Räume, die von der Koexistenz gleichermaßen wiedererkennbarer wie rätselhafter Momente bestimmt werden. Hingegen eröffnen Claudia Kuglers digital entwickelte Bilder räumliche Perspektiven, ohne dabei eine konkrete Räumlichkeit identifizierbar werden zu lassen. Vielmehr führen ihre Arbeiten die Betrachtenden in eine Reflexion des eigenen wahrnehmenden Sehens zurück. Ähnlich geht Anja Schwörer vor, wenn sie die textilen Grundlagen ihrer Bilder verschiedenen Be- und Überarbeitungsprozessen unterzieht, um so illusionistische Bildräume zu entwickeln, deren räumliche Perspektiven durch rhythmisierende Anordnung noch verstärkt werden. Mit Michaela Zimmer tritt eine Malerin hinzu, die in ihren Arbeiten sowohl Fragen nach Bildräumlichkeit als auch malerischer Fläche verhandelt. Ihre wenigen, auf flächigen Farbtexturen gesetzten Strukturen basieren auf wiederholten Handlungsabläufen aus Performances, die den sich überlagernden Schichten etwas Beiläufiges verleihen.

Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung sind eingeladen, sich auf diese neuen produktiven Zugänge im weit gesteckten Rahmen der Gegenstandslosigkeit einzulassen und die eigenen Seh- und Wahrnehmungskonventionen auf die komplexen Bildwirklichkeiten fünf faszinierender Positionen der Gegenwart umzustellen.

Von Susanne Prinz - Eröffnungsrede

Kuratorin: Michaela Zimmer